Weber, Max

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Von Johannes Kirnberger

Maximilian Carl Emil Weber (1864 – 1920) war ein deutscher Soziologe und Nationalökonom. Die Betrachtungen des vielseitig versierten Akademikers zur Wirtschafts-, Herrschafts- und  Religionssoziologie machen ihn weltweit zu einem Klassiker der Sozial- und Kulturwissenschaften. Aufgrund seiner Begriffsprägungen und Terminologie gilt er als Mitbegründer der Soziologie als eigenständige Disziplin.

Biografie

Max Weber wurde 1864 als ältestes von acht Kindern in Erfurt geboren. Schon in frühen Jahren befasste er sich mit Philosophie und Literatur. Nach dem Abitur studierte Weber in von 1882 bis 1886 Philosophie, Geschichte, Jura und Nationalökonomie in Heidelberg, Göttingen und Berlin. Der juristischen Promotion 1889 schloss sich 1892 die Habilitation für Römisches Recht und Handelsrecht an.

1893 heiratete er die spätere Soziologin und Frauenrechtlerin Marianne Schnitger, die 1919 in der badischen Nationalversammlung als erste Deutsche in einem Parlament sprach. Nach drei Jahren am Lehrstuhl für Nationalökonomie an der Universität Freiburg im Breisgau folgte 1897 der Wechsel an den Lehrstuhl Karl Knies‘ an der Universität Heidelberg. Nach einer psychischen Erkrankung musste Weber seine Lehrtätigkeit 1903 niederlegen und unternahm Reisen durch Europa und die USA. Als Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Jahr 1909 befasste er sich zunehmend mit dem Verhältnis von Wirtschaft, Religion und Gesellschaft und prägte den Begriff Religionssoziologie. 1913 begann Weber die Arbeit an seinem soziologischen Hauptwerk Wirtschaft und Gesellschaft, das 1922 posthum erschien.

Während des ersten Weltkrieges kommentierte Weber zunehmend das politische Tagesgeschehen. Er unterstützte zwar eine Weiterführung des Krieges, plädierte aber auch für eine Parlamentarisierung des politischen Systems. Nach Ende des ersten Weltkrieges war Weber 1918 Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei (DDP), ein Jahr später erfolgte die Berufung an die Universität München. Weber nahm als Sachverständiger der deutschen Delegation an der Konferenz zum Versailler Friedensvertrag teil. Im gleichen Jahr erschienen seine Betrachtungen zu Wissenschaft und Politik als Beruf. Max Weber starb im Juni 1920 an den Folgen einer Lungenentzündung im Alter von 56 Jahren in München.

Lebenswerk

Als einer der drei Gründerväter der deutschen Soziologie (neben Ferdinand Tönnies und Georg Simmel) veröffentliche Max Weber eine Vielzahl an wissenschaftlichen Arbeiten in diversen Themengebieten. Neben seiner Bedeutung in der Wirtschaftssoziologie und Beiträgen in der Medien-, Musik- und Rechtssoziologie gilt er als Begründer der Herrschafts- und der Religionssoziologie.

Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus zählt zu den Hauptwerken Max Webers. Er untersuchte das Wesen des modernen Kapitalismus im Okzident, insbesondere in Großbritannien und den USA. Weber sah dessen Ursprünge in der charakteristischen rationalen und protestantisch geprägten Geisteshaltung der westlichen Kultur. Gerade im Calvinismus und Puritanismus der Reformation entdeckte er ethische Ideale, die sich im Kapitalismus wiederspiegelten. Fleiß und Redlichkeit im Berufsleben waren religiös erwünscht und somit gerade kein Mittel zum Zweck, um sich Geldgier und Maßlosigkeit hinzugeben. Dies stellte einen großen Bruch mit dem wirtschaftlichen Gebaren und den Traditionen der Vergangenheit dar. Die Bewältigung irdischer Aufgaben war demnach der Erfüllung geistlichen Pflichten gleichgestellt. Weber identifizierte die vor dem religiösen Hintergrund freigesetzte Aktivität vieler Einzelner als Garant für den rasant steigenden Massenwohlstand in der westlichen Welt.

Max Weber wir heute oft als Alternative zur Gesellschaftsanalyse Karl Marx` herangezogen. Anders als bei Marx war der Mensch für Weber nicht grundsätzlich seinen sozialen Bedingungen ausgeliefert. Klassenkämpfe stellten für ihn nur Begleiterscheinungen einer individuellen ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklung des Menschen dar, der selbst über seinen Erfolg im Leben bestimmen kann.

Dem Vortrag Wissenschaft als Beruf, in dem Max Weber 1917 von einer Entzauberung der Welt durch den rationalen Diskurs der Wissenschaft sprach, folgten zwei Jahre später seine Überlegungen zu Politik als Beruf. Er beschrieb die drei wichtigsten Qualitäten eines Berufspolitikers: sachliche Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und ein distanziertes Augenmaß. Weber skizziert hier außerdem den Gegensatz zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik im politischen Handeln – eine Unterscheidung, die polit-ethische Diskurse in der Folge sehr stark geprägt hat. Während Verantwortungsethiker vor allem auf die positiven Folgen ihrer Handlungen achteten und somit nicht an ein bestimmtes ethisches Prinzip gebunden seien, bewerteten Gesinnungsethiker ihre Handlungen anhand einer subjektiven Auffassung der Moral (Gesinnung) und lehnen somit unmoralisches Handeln grundsätzlich ab. Während ein guter Politiker vordergründig einer spezifischen Verantwortungsethik folgen sollte, sah Weber hier keinen grundlegenden Gegensatz, sondern sich ergänzende ethische Haltungen, die einen echten Menschen und Politiker ausmachten.

Max Webers wohl bedeutendstes Werk Wirtschaft und Gesellschaft wurde erst 1922 nach seinem Tod zusammengestellt. Es kann in zwei Entstehungsphasen von 1909 bis 1914 und von 1918 bis 1920 unterteilt werden. Aufgrund der zeitlichen Divergenz werden die beiden Teile heute getrennt voneinander betrachtet. Im ersten Teil systematisierte Weber soziologische Grundbegriffe und Kategorien und definierte die Typen der Herrschaft sowie Stände und Klassen. Im zweiten Teil wendete er die Grundbegriffe in konkreten, idealtypisch strukturierten Sachgebieten wie Wirtschafts-, Religions-, Rechts- und Staatssoziologie an. Weber orientierte sich hier stets am individuellen Verhalten des Menschen, dem soziologische Strukturen wie der Staat oder die Demokratie ihre Existenz verdanken. Erst die individuelle Orientierung am Handeln anderer lässt soziale Beziehungen entstehen. Folgerichtig war laut Max Weber die Erforschung sozialer Gebilde wie der Partei oder der Nation nur durch die Erforschung des Verhaltens von Menschen nach dem Muster solcher Kollektivgebilde möglich.

Rezeption

Die Werke und Beobachtungen Max Webers sind bis in die heutige Zeit hinein von großer Bedeutung. Während seine Arbeiten zu seinen Lebzeiten nicht im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Debatte standen, fanden sie bereits in der Weimarer Republik und in der Frühzeit der BRD große Beachtung. Der Heidelberger Soziologentag 1964 führte zu einer Neuentdeckung der Werke Webers. Die Übersetzung von Wissenschaft und Gesellschaft sowie der Protestantischen Ethik ins Englische machten Weber auch international bekannt. Max Weber zählt bis heute zu den meistzitierten Soziologen. Die weltweite Verbreitung seiner Schriften und die Rezeption seiner Werke in der Soziologie bestätigen eindrucksvoll seinen Status als Klassiker mit ungebrochener Aktualität.

Literatur

Jürgen Kaube: Max Weber. Ein Leben zwischen den Epochen. Berlin 2014

Wolfgang J. Mommsen: Max Weber, Gesellschaft, Politik und Geschichte. Frankfurt 1982

Gregor Schöllgen: Max Weber. München 1998

Marianne Weber: Max Weber. Ein Lebensbild. München 1989

Johannes K.

Johannes Kirnberger studiert Internationale Beziehungen im Master an der Sciences Po in Paris und an der Columbia University in New York. Zuvor machte er in London, Turin und Berlin seinen Bachelor in Betriebswirtschaftslehre an der ESCP Europe.