Drogen

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Drogen in der Menschheitsgeschichte

Bereits in der Jungsteinzeit nutzten Menschen psychoaktive Substanzen und Rauschgifte. Der Weinbau begann bereits vor über 8000 Jahren. Und seit dem dritten und vierten Jahrtausend vor Christus ist der Anbau von Hanf und Schlafmohn nachgewiesen. Der Gebrauch von Drogen hatte unterschiedlich Motive. Im Kontext von kultischen oder schamanischen Ritualen wurde zum Beispiel Cannabis im Hinduismus konsumiert. Natürlich wurden Drogen auch als Rauschmittel genutzt. Opiate wurden zur Schmerzlinderung medizinisch verwendet. In manchen Kulturen, wie bei den Inkas, war das Essen der Kokablätter ein Statussymbol für eine gesellschaftlich höhere Schicht. Der Konsum von bewusstseinserweiternden Substanzen zieht sich durch die Menschheitsgeschichte.

Drogenprohibition

Die Drogenprohibition (lat. prohibere = verhindern) ist eine Form der Politik, die den Konsum von Drogen für Bürger unattraktiv machen soll. Dies geht meistens mit einer Sanktionierung und Verfolgung von Anbau, Besitz und Vertrieb verbotener Substanzen einher. Ein berühmtes Beispiel dafür ist die Alkoholprohibition in den Vereinigten Staaten. Von 1920 bis ins Jahr 1933 war Alkohol dort illegal. Man versprach sich davon unter anderem einen Rückgang der Kriminalität, eine Verbesserung der allgemeinen Gesundheit und eine Erhöhung des allgemeinen Lebensstandards. Tatsächlich war aber nur ein Rückgang der Leberschäden durch die Prohibition nachweisbar. Denn bereits ein Jahr nach Inkrafttreten nahm die Kriminalität um 24 Prozent zu und stieg danach stetig an.  Der Schwarzmarkt florierte durch die weiterhin hohe Nachfrage und die Mafia betrieb in großem Stil illegale Kneipen. Die organisierte Kriminalität brannte gepanschten Alkohol, der in den 13 Jahren zirka 13.000 Menschen das Leben kostete und bei vielen Konsumenten gesundheitliche Schäden wie Erblindung bewirkte. Hunderttausende wurden wegen ihrem Vorliebe für Alkohol oder aufgrund ihrer Sucht als Verbrecher stigmatisiert und zu Klienten und Verbündeten des organisierten Verbrechens gemacht.  Als die Prohibition 1933 in Amerika endete, sank die Zahl der Mordfälle in den nächsten elf Jahren durchgehend.

Der Vergleich zwischen der Prohibition in den USA und der Illegalität vieler Drogen ermöglicht ein empirisch fundiertes Argument. Alleine das Verbot einer Substanz senkt deren Nachfrage nicht. Weil sie aber schwieriger zu bekommen sind, also das Angebot sinkt, treibt dies die Preise nach oben und lockt die organisierte Kriminalität an. Die Preise und der Vertrieb werden nicht mehr durch den Markt, sondern durch Gewalt von Gangs und Drogenbaronen gelenkt. Diese bereichern sich an Abhängigen oder gelegentlichen Konsumenten und operieren in einem Schattenbereich, der rechtsstaatlicher und fiskalischer Kontrolle entzogen ist.

Bei der Prohibition in den USA zeichnete sich eine ähnlicher Effekt wie bei den heutigen Drogen ab. Die Konzentration der Substanzen steigt. Drogenschmuggel ist aufwendig und teuer. Daher wurden in den USA immer hochprozentigere Spirituosen ins Land geschmuggelt, weil sich damit mehr Profit machen ließ. Den gleichen Effekt sehen wir heute bei Hanf, wo von 1995 bis 2014 der THC-Gehalt um 4% gestiegen ist, was die Rauschzustände der Droge verstärken und eher zu schädlichen Nebenwirkungen führen kann. Zudem werden Substanzen auch vermehrt mit billigen Ersatzprodukten gestreckt, welche die Drogen sehr viel schädlicher machen.

Eine katastrophaler Effekt der Prohibition zeigt sich im War on Drugs, den die USA seit den 1980er Jahren nicht nur im eigenen Land, sondern auch in Süd- und Mittelamerika führen. Dieser hat weder das Drogenproblem gelöst noch die betroffenen Länder aus dem Griff der organisierten Kriminalität befreit. Am Beispiel Mexikos wird das sehr deutlich. Hier kämpft die mexikanische Regierung seit 2006 mit Hilfe der USA gegen die Kartelle. Der Einsatz des Militärs, der einem aktiven Bürgerkrieg gleichkommt, fordert hohen Tribut. Die Anzahl der Morde durch die Kartelle steigt jedes Jahr an, die Korruption nimmt zu, die Anzahl der Verstöße gegen Menschenrechte von Seiten des Staates werden mehr, im Norden Mexikos gibt es immer mehr Abhängige und eine höher Verbreitung von Krankheiten durch Injektionen.  Somit haben die Folgen des aktiven Drogenkrieges größeren Schaden angerichtet als die Drogen selbst.

Drogenliberalisierung

Im liberalen Verständnis ist die Bevormundung bzw. das Verbot und die Strafverfolgung von Konsumgütern eine Freiheitseinschränkung, die entweder ganz abgelehnt wird oder zumindest in hohem Maße begründungsbedürftig ist. Die Debatte zur Sinnhaftigkeit einer Kriminalisierungspolitik wird mit prinzipiellen und empirischen Argumenten geführt.

Es gibt mittlerweile auch Länder, die mit anderen Modelle operieren. Portugal reagierte auf seine Drogenprobleme in den frühen 2000er Jahren mit einem radikalen Schritt: Alle verbotenen Stoffe wurden entkriminalisiert. Das bedeutet, dass Abhängige für ihren Konsum nicht mehr bestraft werden. Stattdessen setzt man hier auf Präventions- und Rehabilitierungsprogramme. Die Folge dieses Kurswechsels war ein drastischer Rückgang der Konsumenten. Portugal liefert Evidenz dafür, dass die Bekämpfung schädlichen Drogenkonsums nicht mit Verboten, sondern mit Schadensbegrenzung gewonnen werden kann. Bei dem gesundheitlichen Aspekt liefert auch die Schweiz ein Vorbild. Dort sind viele Drogen zwar auch verboten, aber es gibt für Abhängige Abgabestellen als Alternative zum Dealer. Hier bekommen Suchtkranke neben sauberen, also ungestreckten, Drogen auch Therapie und Resozialisierungsprogramme angeboten. Damit erreichte die Schweiz, dass zwei Drittel aller Abhängigen, die eine Abgabestelle besuchten, ihre Sucht in den Griff bekamen und wieder einer normalen Arbeit nachgehen konnten. Anlässlich des UN-Drogenberichts forderte sogar UN-Generalsekretär Kofi Annan im Jahr 2016 die Legalisierung aller Drogen.

Darüber hinaus liefern manche Drogen auch ökonomische Perspektiven. Gerade Cannabis könnte bei einer Legalisierung oder einer Entkriminalisierung auf seine medizinischen Wirkungen besser untersucht und vertrieben werden. Der Markt für Cannabis ist sehr groß und wird auf mehrere Milliarden Dollar geschätzt. Ein Ende der Verbotspolitik könnte vollkommen neue unternehmerische Perspektiven eröffnen, was nicht nur die Schaffung neuer Arbeitsplätze, sondern auch Steuereinnahmen zur Folge hätte. Zudem würde eine Entkriminalisierung die Kosten für Gerichte, Gefängnisse und Strafverfolgung senken. Alleine für Cannabisdelikte belaufen sich diese nach Schätzungen des Spiegels auf rund eine Milliarde Euro.  Außerdem würde eine Entkriminalisierung Schwarzmärkte trockenlegen und sowohl Qualitäts- als auch Ausgabekontrollen sicherstellen. Gefährliche Substanzen würden somit insbesondere für junge Menschen möglicherweise schwerer zugänglich als bisher. Für drogeninduzierte und drogenfinanzierte Kriminalität wäre dies ein finaler Schlag.

Drogen sind schon seit langem ein Teil der Menschheitsgeschichte. Ihre Anwendungsmöglichkeiten waren und sind vielfältig. Jedoch wurden die meisten Drogen auf ihre Rauschwirkung heruntergebrochen und deswegen staatlich verboten oder bekämpft. In freiheitlicher Auffassung ist das Verbot von Drogen bereits fragwürdig. Darüber hinaus können empirisch der war on drugs und die Alkoholprohibition in Amerika starke Argumente liefern, dass die Verbotspolitik das Problem mit kriminellen Strukturen in diesem Geschäft nicht löst, sondern verschlimmert. Länder wie Portugal und die Schweiz haben das verstanden und gehen sehr erfolgreich andere Wege. Das allgemeine Verbot von Drogen ist eine Sackgasse, die das Problem nicht löst, aber zugleich viele neue Probleme schafft.

Maximilian Dreutler

Maximilian Dreutler studiert Wirtschaftswissenschaften in Friedrichshafen.