Ricardo, David
Von Mark Skousen mit freundlicher Genehmigung von libertarianism.org
David Ricardo (1772-1823) war ein brillanter klassischer Ökonom. Seine Politik des Freihandels und der Währungsstabilität trug dazu bei, Großbritannien zur „Werkstatt der Welt” und zum industriellen Schwergewicht zu machen. Seine Arbeitswertlehre erwies sich jedoch als fehlgeleitet und leistete unabsichtlich den Marxisten und Sozialisten Vorschub.
Ricardo wurde in London als Sohn einer großen jüdischen Familie geboren und machte sein Vermögen als relativ junger Mann als Börsenmakler an der Londoner Börse. Er war ein Spekulant par excellence. Am Tag nach der Schlacht von Waterloo verdiente er angeblich eine Million Pfund Sterling. Im Jahr 1815 erwarb er ein großes Anwesen namens Gatcomb Park in Gloucestershire und widmete den Rest seines Lebens intellektuellen Interessen. Im Jahr 1819 wurde er in das Parlament gewählt. Vier Jahre später, im Alter von 51 Jahren, verstarb er an einer Ohrenentzündung.
In den 1810er Jahren schrieb Ricardo eine Reihe von Aufsätzen und Büchern, in denen er sich für Laissez-faire aussprach. Er argumentierte, dass Englands inflationäre Preisspirale dadurch verursacht wurde, dass die Bank of England exzessiv Banknoten ausstellte, um den Krieg gegen Frankreich zu finanzieren. Ricardos Ansichten über Währungsstabilität führten schließlich dazu, dass England mit dem Peel Act von 1844 den klassischen Goldstandard mit hundertprozentiger Golddeckung einführte. Er griff die Corn Laws, Englands berüchtigte hohe Zollschranke für Weizen und andere landwirtschaftliche Güter, heftig an. 1846 wurden die Corn Laws aufgehoben. Ricardo leistete tiefgreifende Beiträge zur Ökonomik, namentlich durch das Gesetz des komparativen Vorteils, des abnehmenden Ertragszuwaches und die Quantitätstheorie des Geldes.
Er gilt als der Erfinder des abstrakten Modellbaus in der Ökonomie und schuf ein mathematisches Modell mit einigen einfachen Variablen, eine Technik, die später von so unterschiedlichen Ökonomen wie Karl Marx, John Maynard Keynes, Paul Samuelson und Milton Friedman verwendet wurde. Diese abstrakte, auf unrealistische Annahmen gegründete Argumentation wurde später als „Ricardian Vice“ (zu deutsch: ein für Ricardo typischer Fehler, Ricardo’scher Fehler) bezeichnet.
In seiner Arbeit über die Prinzipien der politischen Ökonomie und Besteuerung (1817) schuf Ricardo ein über-vereinfachtes Modell (Ricardo-Modell), das eine antagonistischen Sichtweise des Kapitalismus nahelegte: Dem Modell zufolge wurde der Wert von Gütern durch den zu ihrer Herstellung nötigen Arbeitseinsatz bestimmt, sodass die Löhne nur auf Kosten des Profits steigen können. Seine Analyse der Produktion ergab, dass die Löhne zum Existenzminimum tendierten, was als das „eherne Lohngesetz” bekannt ist: Ricardo war überzeugt, dass mit der Zeit, wenn die Bevölkerung wächst, eine erhöhte Nachfrage nach Nahrungsmitteln dazu führen würde, den Preis für Nahrungsmittel zu erhöhen. Dies würde zwar zu einer Erhöhung des Arbeitswertes führen würde; doch jede Erhöhung des Arbeitswertes müsse unweigerlich zu einem Gewinnrückgang führen. Ricardos trostlose Sichtweise, im Zusammenspiel mit den Lehren seines Freundes Thomas Malthus, entfremdete die Ökonomik den Vorstellungen Adam Smiths von der unsichtbarer Hand und der Harmonie der Interessen, und bereitete der Idee des Klassengegensatzes und der Ausbeutung den Weg. Hierdurch leistete Ricardo sozialistischen und marxistischen Ideen Vorschub.
Weiterführende Literatur
Ricardo, David. On the Principles of Political Economy and Taxation. Piero Sraffa, ed. Cambridge: Cambridge University Press, 1951 [1817].
Rothbard, Murray N. Classical Economics. Hants, UK: Edward Elgar, 1995.
Skousen, Mark. The Making of Modern Economics. New York: M. E. Sharpe, 2001.
St. Clair, Oswald. A Key to Ricardo. New York: A. M. Kelley, 1965.