Umwelt- und Klimaschutz

Chris Barbalis on Unsplash (CC 0)

Von Prof. Dr. Ulrike Hotopp

Beginn der Umweltbewegung

Schon seit Jahrhunderten gibt es Menschen, die sich mit dem Umweltschutz befassen. Ihre Motivation mag sich über die Zeit geändert haben, aber im Kern sind die Aussagen gleich. Geschichtlich ist der Beginn des Umweltschutz-Aktivismus im Jahr 1800 mit der Bewegung gegen den Holzmangel zu verorten, in der besorgte Bürger für eine Aufforstung kämpften, da Holz zu dieser Zeit ein wichtiger Baustoff und Energiequelle war; sowie mit der romantischen Bewegung des William Wordsworth (1770 – 1850), der sich für eine Erhaltung der bestehenden Landschaft einsetzte. Der Karlsruher Historiker Marcus Popplow nennt als Beweggründe, die zu diesen Debatten beigetragen haben: die Romantisierung des Waldes, die politische Opposition zur Nutzung des Holzes durch die Obrigkeit und die wirtschaftlichen Interessen der Forstwirtschaft.

Den modernen Umweltschutz, der auch seinen Weg in die Politik gefunden hat, gibt es im deutschsprachigen Raum seit den 70er Jahren und der Entstehung verschiedener Bürgerbewegungen. Ereignisse wie der “saure Regen” und das Wachsen des Ozonlochs spielten dabei eine besondere Rolle. In (West-)Deutschland wurde in derselben Dekade auch die Partei “Die Grünen” gegründet. Sie ging aus den Umwelt-, Anti-Atomkraft-, Friedens- und Frauenbewegungen hervor.

Beginn des Klimaschutzes

Wie der Umweltschutz blickt auch der Klimaschutz auf eine lange Geschichte zurück. 1895 entdeckte der schwedische Wissenschaftler Swante Arrhenius (1859-1927) den Einfluss menschlicher Aktivität auf das Klima. 1941 beschrieb der deutsche Meteorologe Herman Flohn (1912-1997) das Phänomen, wonach der erhöhte Ausstoß von Kohlenstoffdioxid einen Effekt auf das Klima erzeugt, der mit dem eines Gewächshauses verglichen werden kann.

Nach dem Krieg veröffentlichte Flohn mehrere Artikel und Bücher zu diesem Thema. Während der Klimawandel zunächst als positiv angesehen wurde, wandelte sich diese Einschätzung zunehmends. Ende des 20. Jahrhunderts wurde der Klimawandel als eine globale Gefahr erkannt. 1995 traf sich die Conference of the Parties des UNFCCC das erste Mal in Berlin (COP 1). Seitdem gab es 23 weitere COPs oder Weltklimakonferenzen, zuletzt 2018 in Kattowitz (COP 24). Das Kyoto Protokoll wurde 1998 unterzeichnet. Mehrere Klimaabkommen sind seitdem in Kraft getreten mit dem Ziel, den globalen Kohlenstoffdioxid-Ausstoß zu verringern. Aber die Umsetzung stellt sich als schwierig heraus. Entwicklungs- und Schwellenländer wie China, aber auch Industrieländer wie die USA, sind in vielen Fällen nicht willens oder nicht in der Lage, die notwendigen Maßnahmen zu treffen.

Umweltschutz und Politik

In Deutschland hat Umweltschutz eine klare politische Dimension. In der ehemaligen DDR war Umweltschutz häufig mit Protesten gegen das politische Regime verbunden. Beispiele sind die Bewegungen gegen das Waldsterben im Erzgebirge (verursacht durch sauren Regen) oder gegen die Umweltverschmutzung ausgehend von der Bitterfelder Industrie. Bitterfeld wurde nach der deutschen Wiedervereinigung als die schmutzigste Stadt Europas bezeichnet. In diesen Fällen waren die Proteste auch gegen die Politik Desinformation und Intransparenz gerichtet, da den Bürgerinnen und Bürgern Information und Aufklärung vorenthalten wurden.

Die Ökonomie von Umwelt- und Klimaschutz

Umwelt- und Ressourcenökonomik kann auf David Ricardo (1772-1823), Thomas Robert Malthus (1766-1834) und andere Denker ihrer Zeit zurückgeführt werden. Sie beschäftigten sich mit der Nutzung natürlicher Ressourcen.

Die Umweltökonomik ist der Teil der ökonomischen Wissenschaft, der sich mit externen Effekten beschäftigt, also mit den Auswirkungen von Handlungen Dritter, die die Betroffenen selbst nicht steuern können, da Eigentumsrechte nicht ausreichend vorhanden sind. In diesem Bereich ist die Arbeit von Ronald Coase (1910-2013) von besonderer Bedeutung, der sich mit der Rolle der Eigentumsrechte befasst hat. Das Coase Theorem beschreibt, wie jene Eigentumsrechte die Probleme von externen Effekten lösen können.

Der Klimawandel wird oft als Mutter aller externen Effekte bezeichnet. In den Klimawissenschaften herrscht sehr weitgehende Übereinstimmung, dass der massenhafte Ausstoß von Kohlenstoffdioxiden zu einer langsamen Erwärmung der globalen Durchschnittstemperatur beigetragen hat, welche nun wiederum zu einem veränderten Klima und steigenden Meeresspiegeln beiträgt. Ein Anstieg der Zahl katastrophaler Wetterereignisse wie Stürme, Dürren, Überflutungen etc. werden von Wissenschaftlern als Indikatoren dafür benannt.

In der Ökonomie haben sich viele Wissenschaftler mit diesen Themen beschäftigt, um der Politik mit Lösungsvorschlägen beratend zur Seite zu stehen. Lord Stern’s Bericht, Economics of Climate Change, ist der wohl umfangreichste Beitrag zu diesem Thema. Stern berechnet die Kosten eines ungebremsten Klimawandels auf zwischen 5% und 20% des BNE, während er die Kosten der Beschränkung des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxiden auf nur 2% des BNE schätzt. Allerdings werden diese Werte in der Literatur kritisch diskutiert.

Viele der Nationen, die als erstes vom Klimawandel betroffen werden, sind kleine Inseln, Städte und Länder wie Bangladesh, welche sich nur wenig über dem Meeresspiegel befinden und noch nicht den Entwicklungsstand haben, um sich gegen die negativen Folgen schützen zu können.

Collective Action Problem

Beim Klimawandel und anderen Umweltproblemen handelt es sich um ein sogenanntes Collective Action Problem. Elinor Ostrom (1933-2012) arbeitete heraus, unter welchen Umständen Menschen natürliche Ressourcen, die sie auch gemeinsam nutzen, schützen können, ohne dabei dem Marktversagen öffentlicher Güter und externer Effekte zum Opfer zu fallen. Ihre detaillierte Arbeit zeigt, dass es, abhängig von den jeweiligen Bereichen und Größenordnungen, durchaus möglich ist, dort eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu gestalten. Individuelle Fallbeispiele, wie Bewässerungsanlagen im Süden Spaniens oder Fischereien in der Türkei zeigen, dass gemeinsame Verantwortung, klare Regeln und gesellschaftliche Überprüfungsmechanismen für eine effiziente Ressourcennutzung sorgen können. Ostroms Arbeit zeigt deutlich, dass der Staat oftmals nicht nur die Chance auf eine effiziente Ressourcennutzung nicht wahrnimmt, sondern auch vermeintliche Lösungen anbietet, welche die Situation sogar noch verschlechtern. Lösungen, welche die Verantwortung und das Wissen der betroffenen Menschen in ihre Ansätze integrieren, sind erfolgversprechender als solche, die sich ein solches Wissen anmaßen.

Nature Capital und Ecosystem Services

Politikberater versuchen, das Problem des kollektiven Handelns durch ein Herunterbrechen der Entscheidungshierarchien zu lösen. Dort, wo Klima- und Umweltprobleme durch niedrige Preise und eine damit einhergehenden Übernutzung entstehen, kann eine Bestimmung der genutzten Einheit und ihres Wertes helfen. Umweltschutz kann in diesem Kontext als Investition in Kapital, sog. natürliches Kapital, verstanden werden. Ohne das natürliche Kapital können so manche Produktionsprozesse nicht vollzogen werden. Die Landwirtschaft benötigt fruchtbare Böden und Wasser, und die Wasserindustrie möglichst sauberes Wasser, das als Trinkwasser geeignet ist. Zusätzlich müssen Häuser und andere Immobilien gegen Flutgefahr versichert werden.

Seit einigen Jahren hat sich in der Wirtschaftswissenschaft die Perspektive auf  Umweltfragen dem Konzept des natürlichen Kapitals zugewandt und den Dienstleistungen, die dieses Kapital im Produktionsprozess der Wirtschaft ermöglicht. Die Wasserwirtschaft profitiert zum Beispiel, wenn der von ihr genutzte Rohstoff weniger verschmutzt ist. Demzufolge ist es potenziell lohnend, Bauern dafür zu bezahlen, weniger Dünger zu benutzen oder ressourcenschonende Methoden einzusetzen. Überflutungsgefahr kann durch die Nutzung von natürlichem Kapital in der Form von Flutungswiesen, Baum- und Buschbepflanzungen etc. reduziert werden. Auch ist die Evidenz überzeugend, dass Aufenthalte in der Natur einen positiven Einfluss auf die seelische Gesundheit haben und damit die Kosten für das Gesundheitssystem reduzieren können. In den meisten Fällen gestalten sich diese Nutzen lediglich in Form der Verhinderung von Schäden. Die große Anzahl vorzeitiger Sterbefälle in modernen Großstädten wie London etwa ist ein weiteres Beispiel dafür, dass das natürliche Kapital (saubere Luft) nicht ausreichend durch Eigentumsrechte geschützt ist. Seit einigen Jahren zeigt auch die Versicherungswirtschaft ein Interesse am natürlichen Kapital, besonders im Blick auf das Problem des Klimawandels.

Literatur

Coase, Ronald,  The Problem of Social Cost Journal of Law and Economics, 1960, http://www.jstor.org/stable/724810 Accessed: 10/02/2009

Gore, Al, Eine unbequeme Wahrheit, 2009

NASA, Global Climate Change, https://climate.nasa.gov/evidence/

Ostrom, Elinor, Governing the Commons: The Evolution of Institutions for Collective Action. Cambridge 1990.

Pearce, David, et al, A Blue print for the Green Economy, 1998.

UNFCCC, Das Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, 1998, https://unfccc.int/resource/docs/convkp/kpger.pdf

Ulrike Hotopp

Prof. Dr. Ulrike Hotopp ist ist Director von LIVE Economics und Professorin für Wirtschaftspolitik an der University of Kent. Sie studierte Volkswirtschaftslehre in Saarbrücken, Prag und London und promovierte an der University of Sussex.