Sharing Economy

Priscilla Du Preez on Unsplash (CC 0)

Von Sebastian Everding

Airbnb, BlaBlaCar, Carsharing, Couchsurfing, Foodsharing, TaskRabbit und Uber sind einige Initiativen des neuen Phänomens Sharing Economy. Übersetzt man den englischen Begriff ins Deutsch, sprich man von einer Ökonomie des Teilens. Die zentrale Idee der Sharing Economy ist eine (effizientere) Nutzung oder Auslastung von ungenutzten Ressourcen (zum Beispiel Gästezimmer, Autos, Werkzeuge). Das Teilen und der gemeinsame Gebrauch von Gegenständen ist in der Wirtschaft kein neues Phänomen. Genossenschaften bauen beispielsweise auf dieser Idee auf und auch Autovermietungen gibt es nicht erst seit wenigen Jahren. Das Besondere und Neue an der Sharing Economy ist nicht das Teilen an sich, sondern die Fülle und das Ausmaß der geteilten Gegenstände. Dabei ist es kein entscheidendes Kriterium, dass das „Sharen“ mithilfe von Onlinetools erfolgt.

Bewusster Konsum und geringe Transaktionskosten: Ursache der Sharing Economy

In der Wissenschaft findet man zwei dominierenden Erklärungsansätzen für die Entstehung der Sharing Economy:

(1) Aufgrund eines zunehmenden Umweltbewusstseins und einer Entfremdung vom Wirtschaftssystem hat ein Umdenken bei den Konsumenten stattgefunden. Botsman und Rogers argumentieren (2010; xix):

They [the consumers] assumed that the traditional model of consumerism, the one in which we (…) ‘spend more, consume more’ (…), is neither sustainable nor healthy.

Auf Grundlage dieser Erklärungen sieht Jeremy Rifkin (2014) in der Sharing Economy bereits die Anfänge einer kollaborativen Wirtschaftsordnung, welche unweigerlich zum Ende des Kapitalismus führen wird.

(2) Eine weitere Erklärung ist die radikale Senkung der Transaktionskosten. Die Sharing Economy wird als ein zweiseitiger Markt interpretiert, auf dem ursprünglich wegen zu hoher Transaktionskoste kein Austausch zwischen zwei potenziellen Marktparteien zustande kam. Mithilfe der Plattformen als Intermediäre werden Kosten gesenkt, sodass Transaktionen durchgeführt werden können. Bei Michael Munger (2015; 204) liest man:

The key factor [of the sharing economy] is the innovation in software platforms that reduce the costs of the entire transaction to the point where that activity is now profitable for the entrepreneur and beneficial for the consumer.

Die zwei entscheidenden Faktoren zur Senkung der Transaktionskosten sind (i.) die Reduzierung der Suchkosten zwischen Anbietern und Nachfragern und (ii.) die Lösung des Vertrauensproblems zwischen diesen zwei Parteien. Die Reduzierung der Transaktionskosten gelingt mithilfe neuer Technologien (Internet, Smartphones) und mit mitgliederbasierten Bewertungssystemen und Screenings von Neumitgliedern durch die Plattform. Auch Vertreter dieser Erklärung identifizieren revolutionäre Eigenschaften in der Sharing Economy. Munger (2018) nennt die Sharing Economy die dritte wirtschaftliche Revolution nach der neolithischen und der industriellen Revolution.

Von „Gift Economy“ bis zur „Market Economy“: Das breite Spektrum der Sharing Economy

Die Business-Modelle der Sharing Economy sind außerordentlich vielfältig. Sie reichen von kleinen lokalen Initiativen wie Foodsharing und Reparier-Cafes bis hin zu globalen Großunternehmen wie Airbnb, Couchsurfing und Uber. Vor allem die kleinen und lokalen Initiativen sind durch ein Gemeinschaftsgefühl geprägt. In der Regel wird das Teilen ohne monetäre Zahlungsmittel durchgeführt. Die Initiativen dienen der Besserstellung der Mitglieder, teilweise versuchen sie aber auch, globale oder lokale (Nachhaltigkeits-)Probleme zu lösen. In einem Reparier-Cafe reparieren beispielsweise Menschen mit verschieden handwerklichen Fähigkeiten ihre defekten Gegenstände gegenseitig. Die Initiative Foodsharing möchte einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten und die Lebensmittelverschwendung in privaten Haushalten reduzieren.

Neben den Non-Profit-Initiativen gibt es eine Vielzahl von großen For-Profit-Unternehmen, welche meist auf nationaler oder globaler Ebene agieren. Das Tauschen erfolgt in diesem Fall meistens gegen Geld. Bei Airbnb vermieten Privatpersonen ihre Gästezimmer an Reisende. Bei Uber agieren Privatpersonen als Anbieter von Fahrdiensten. Die Unternehmen der Sharing Economy stellen zumeist nicht nur eine Plattform bereit, sondern bieten ihren Usern auch verschiedene Zusatzleistungen wie Versicherungsschutz und Bezahldienste.

Aufgrund des breiten Spektrums ordnet Lessig (2008) die Sharing Economy zwischen einer „Gift Economy“ und der klassischen „Market Economy“ ein. Aufbauend auf dieser Unterscheidung interpretiert Sundarajana (2016) die Sharing Economy als ein Hybrid im Sinne des Nobelpreisträgers Oliver Williamson. Sundarajan (2016) argumentiert, dass sich die Sharing-Initiativen zwischen Markt und Hierarchie bewegen. Genau wie klassische Unternehmen bewegen sich die Organisationen auf einem Markt. Allerdings unterscheiden sie sich von Firmen entscheidend, da sie darüber hinaus selbst einen Markt organisieren und die Rahmenordnung bereitstellen. Diese Aufgabe übernimmt in der Marktwirtschaft traditionell der Staat. Auf einem nicht regulierten Beförderungsmarkt kann es beispielsweise aufgrund einer Informationsasymmetrie zwischen Passagier und Taxifahrer zu Umwegen bei der Beförderung, zu Wucherpreisen oder gar zu Kriminalität kommen. Aufgrund dieser Schwierigkeiten kann schlimmstenfalls ein Markt komplett zusammenbrechen. Der Staat versucht mit der Vergabe von Taxilizenzen, die Marktprobleme zu verringern. Uber übernimmt diese Aufgabe, in dem es technologiebasierte Anwendungen bereitstellt und die Fahrer vorab überprüft (unter anderem gültiger Führerschein, Handynummer). Aufgrund der Hybridität argumentieren Hielscher et al. (2018), dass die Sharing Economy eine neue Freiheit für Konsumenten und Dienstleister schafft. Auf klassischen Märkten konnte lediglich zwischen Produkten entschieden werden, in der Sharing Economy kann auch der Ordnungsrahmen gewählt werden.

Verbot oder Laissez-faire: Umgang mit der Sharing Economy

Die unterschiedlichen Modelle innerhalb der Sharing Economy sorgen in der Öffentlichkeit und der Wissenschaft für kontroverse Debatten. Die Positionen können in zwei Lager untergliedert werden. (1) Häufig werden aufgrund sozialer Motive die Non-Profit-Initiativen mit einer großen Nachhaltigkeitshoffnung verknüpft. Im Gegensatz dazu wird vor allem den globalen For-Profit-Organisationen die Nachhaltigkeit abgesprochen. Diese Einschätzung basiert meistens nicht auf den Konsequenzen und den empirisch messbaren Output der Unternehmen, sondern auf den egoistischen (finanziellen) Motiven der Gründer. (2) Allerdings gibt es auch Beiträge, welche argumentieren, dass For-Profit-Unternehmen sehr wohl positive Nachhaltigkeitseffekte haben (können). Einen Überblick über die Debatte findet man bei Schor (2015).

Aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen über die Nachhaltigkeitseffekte der For-Profit-Sharing-Initiativen gibt es verschiedene Ansichten, wie und ob die Sharing Economy reguliert werden soll. Einige Vertreter orientieren sich bei dieser Frage an den (strikten) Regulierungen ähnlicher Branchen. Demnach hat sich Uber denselben Gesetzen zu unterwerfen, wie Taxiunternehmen. Für Airbnb sollen die Gesetze der Hotelbranche gelten. Ziel dieser Vertreter ist die Sicherheit und der Schutz von Konsumenten und Dienstleistern. Katz (2015; 1126) argumentiert:

[R]egulators should not simply allow the sharing economy to grow in the shadow of the law. Allowing the sharing economy to self-regulate would not adequately safeguard consumers. Thus, responsible regulation of sharing platforms is a necessity, not a choice.

Demgegenüber stehen libertäre Ansichten, welche der Auffassung sind, dass die von den Sharing-Initiativen bereitgestellten Regularien den staatlichen überlegen sind. Folglich sollte die Sharing Economy nicht reguliert werden. Diesen Vertretern geht es um die Wohlfahrt der Konsumenten und Dienstleistern. Hierzu Koopman et al. (2015; 19):

[T]he evidence shows that many traditional consumer protection regulations hurt consumer welfare. Markets, competition, reputational systems, and ongoing innovation often solve problems better than regulation when we give them a chance to do so.

Der Beitrag zu dieser Debatte von Hielscher et al. (2018) formuliert ein Überbietungsargument. Die Autoren verdeutlichen, dass bei dieser Frage die Hybridität der Sharing Economy beachtet werden muss, weswegen eine „Ordnungspolitik 2. Ordnung“ nötig sei. Diese beinhaltet Gesetze, welche bestimmte Ziele vorgeben, die konkrete Umsetzung allerdings den Initiativen überlassen. Diese Maßnahmen sollen beispielsweise Diskriminierung auf Plattformen aber auch die Monopolbildung einzelner Unternehmen verhindern. Ziel der Autoren ist es, dass die Sharing Economy für eine Besserstellung der Konsumenten und Dienstleister sorgt.

Literatur

Botsman, R. and Rogers, R. (2010). What’s Mine is Yours – The Rise of Collaborative Consumption. HarperCollins, New York.

Hielscher, S. Everding, S., and Pies, I. (2018). Governance and the Sharing Economy: A Second-Order Approach to Understand and Regulate Sharing Markets. Under Review.

Katz, V. (2015). Regulating the sharing economy. Berkeley Technol. Law J. 30, 1067-1126.

Koopman, C., Mitchell, M. D., and Thierer A. D. (2015). The Sharing Economy and Consumer Protection Regulation: The Case for Policy Change. The Journal of Business, Entrepreneurship & the Law 8(2), 529-545.

Lessig, L. (2008). Remix: Making art and commerce thrive in the hybrid economy. Penguin Press, New York.

Munger, M. C. (2015). Coase and the ‘Sharing Economy’. In C. Veljanovski (ed.), Forever Contemporary: The Economics of Ronald Coase, (pp. 187-209). Institute of Economic Affairs, London.

Munger, M. C. (2018). Tomorrow 3.0: Transaction Costs and the Sharing Economy. Cambridge University Press, Cambridge.

Rifkin, J. (2014). The Zero Marginal Cost Society. New York: Macmillan.

Schor, J. (2015). The sharing economy: Reports from stage one. Boston College Working Paper, Boston.

Sundararajan, A. (2016). The Sharing Economy: The End of Employment and the Rise of Crowd-Based Capitalism. MIT Press, Cambridge.

Sebastian Everding

Sebastian Everding ist Doktorand am Lehrstuhl für Wirtschaftsethik der Martin-Luther-Universität in Halle. Zuvor studierte er in Halle Betriebs- und Volkswirtschaftslehre.